„Klingt, als wenn man ein wenig unbedarft und naiv sein müsse“, sagt die junge Freundin auf dem Beifahrersitz. „Ich mag nicht ‚Lass mich einfältig werden…‘ singen – auch wenn ich ‚Der Mond ist aufgegangen‘ eigentlich ganz gerne habe“ fügt sie noch schnell hinzu.
Eben hatte sie mir das Evangelium vorgelesen, damit wir über einen BetDenkzettel für heute nachdenken.
Jesus verachtet Klugheit, Weisheit und Bildung nicht. Er warnt uns aber vor jenem nutzlosen Vielwissen, das unseren Blick aufs Wesentliche verstellt, unser Gewissen korrumpiert und uns die Kriterien guten Entscheidens verlieren lässt.
Den Unterschied zwischen „den Weisen und Klugen“, denen der Sinn der Worte Jesu verborgen bleiben, und den „Unmündigen“, denen er offenbar wird, hat Matthias Claudius im Lied vom Mond schön beschrieben.
Für die Weisen und Klugen gibt es nur das, was sie selbst gesehen haben. Über das Unsichtbare lächeln sie. Aber auch der Mond ist „nur halb zu sehen und ist doch rund und schön“.
Spätestens Corona hat uns gelehrt, dass „Wissenschaft“ uns nicht Zwecke und Ziele, sondern nur die Wegbedingungen dorthin erkennen lässt. Wenn sie behauptet, zu wissen, worauf es ankommt, ist sie „Luftgespinst“, das uns nur „weiter von dem Ziel“ kommen lässt. Jürgen Habermas sagte neulich: „So viel Wissen über unser Nichtwissen gab es noch nie“.
Der Horizont der „Weisen und Klugen“ ist ihr Wissen. Sie „trauen Vergänglichem“. Der Horizont der Unmündigen ist „Gott“ und sein „Heil“ – ihr Horizont ist der Himmel, der hier beginnt.
Von ihnen sollten wir lernen, wenn wir nicht nur viel wissen, sondern auch „wie Kinder fromm und fröhlich sein“ wollen.
Fra' Georg Lengerke
Zu den Varianten und der Geschichte des Abendliedes weiß Wikipedia mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Abendlied_(Matthias_Claudius)
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