Die Biergärten haben wieder offen. Und es hält sich nach wie vor das Gerücht, dass Bier gesund ist. Stimmt das?
Das ist wie mit anderen Alkoholitäten: Es gibt schöne Studien über Bier und auch Rotwein, die behaupten, deren Inhaltsstoffe seien gesundheitsfördernd. Für die einzelnen Stoffe stimmt das wohl. Sie haben nur einen ganz gravierenden Nachteil: Sie kommen zusammen mit dem Alkohol. Deswegen heißt es da immer: »bei mäßigem Konsum«.
Also hat Bier gar nicht die Vitamine, die man ihm zuspricht?
Doch, da sind schon ein paar Vitamine drin. Zum Beispiel aus dem B-Komplex. Aber gesundheitlich fährst du besser, wenn du die aus anderen Nahrungsmitteln aufnimmst. Denn der Alkohol wird den positiven Effekt in der Regel erdrücken.
Das deutsche Reinheitsgebot beim Bier ist nur Marketing?
Nicht unbedingt. Es hat zumindest den Vorteil, dass du darauf bauen kannst, dass im Bier nicht auch noch 120 E-Stoffe drin sind. Aber ansonsten - pfff.
Und was ist mit Rotwein? Ist der auch nicht so gut?
Ähnlich. Du hast in Rotwein verschiedene Flavonoide, also Stoffe, die für die rote Farbe zuständig sind, und auch Bitterstoffe. Beide sind als Radikalenfänger gegen Krebs möglicherweise ganz gut und können auch Arteriosklerose vorbeugen. Aber was hilft der Radikalenfänger, wenn du mit dem Alkohol gleich noch zusätzliche Radikale nachfüllst?
Früher sagte man, ein Glas zum Essen sei gesund.
Vor 15, 20 Jahren sagte man: höchstens ein Glas pro Tag bei Frauen und zwei maximal bei Männern. Weil Frauen Alkohol anders verarbeiteten. Aber unterm Strich haut das alles nicht richtig hin, weil Alkohol - zumal mit fortschreitendem Alter - quertreibt.
Die Angaben zu den empfehlenswerten Mengen werden kleiner.
Diese Mengenangaben schrumpfen so langsam, ja. Aber das Bewusstsein dafür, dass Alkohol jetzt nicht unbedingt ein Lebensmittel ist, selbst wenn die Bayern Bier für ein solches halten, ist schwer durchzusetzen. Der Alkoholverbrauch während des Lockdowns ist ja gestiegen. Was darauf schließen lässt, dass die Leute auch zu Hause eine ganze Menge trinken. Ganz ohne Kneipen. Aber es gibt auch positive Wirkungen von Alkohol, wenn auch nur bescheidene: dass sich nämlich der Teil der Cholesterine, die als gut gelten, sich durch Alkoholkonsum etwas erhöht.
Hat das »French Paradox« damit zu tun? Dass Rotwein und Olivenöl Frankreich fit macht?
Ja, die Franzosen haben weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen als die Engländer. Das liegt wahrscheinlich auch an der mediterranen Ernährung im Süden des Landes. Aber mit dem Weinkonsum steigt wiederum die Wahrscheinlichkeit von Leberkrebs - das sagte wiederum eine englische Studie.
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